Spannende Einblicke in die Arbeit der UN
Weltpolitik im Klassenzimmer - Schüler des DOG erleben bei einem Planspiel, wie der Sicherheitsrat funktioniert
Die Weltpolitik ist oft weit weg, kompliziert und scheint manchmal unerreichbar. Am Deutschorden-Gymnasium Bad Mergentheim (DOG) rückte sie jedoch ganz nah: Die Schüler der 12. Klassen schlüpften in die Rollen internationaler Diplomaten und nahmen am UN-Planspiel teil, das von der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg durchgeführt wurde. Initiiert wurde das Projekt von Lehrer Jonas Terrahe, der am DOG Geographie, Gemeinschaftskunde und Deutsch als Zweitsprache (DaZ) unterrichtet.
Ein fiktiver Konflikt, reale Herausforderungen
Im Mittelpunkt des Planspiels stand ein Bürgerkrieg im fiktiven afrikanischen Staat Nawulia. Die Teilnehmer übernahmen die Rollen der Mitglieder des UN-Sicherheitsrates, berieten über Sanktionen und Militäreinsätze und kämpften darum, eine Lösung für den Konflikt zu finden. Begleitet wurden sie von Leonie Zucker und Benjamin Lipp von der Landeszentrale für politische Bildung, die den Schülern Einblicke in die komplexen Mechanismen der internationalen Politik gaben.
„Durch das Planspiel lernen die Schülerinnen und Schüler, wie der Sicherheitsrat funktioniert und wie schwierig es ist, in der internationalen Politik Einigungen zu erzielen.“, erklärte Jonas Terrahe.
Zum Auftakt verknüpfte Jonas Terrahe die Weltpolitik mit aktuellen und persönlichen Geschichten. Der Lehrer präsentierte eindrucksvoll die Herausforderungen der UN am Beispiel Syriens – vom ertrunkenen Flüchtlingsjungen Alan Kurdi über die politische Ohnmacht im Syrienkonflikt bis hin zu Berichten über spontane Feiern syrischer Flüchtlinge in Bad Mergentheim. Besonders emotional war der Beitrag der Schülerin Batoul Abdullah aus der 9. Klasse: sie ist zwar in Deutschland geboren, ihre Eltern aber in Syrien. Dort will sie jetzt unbedingt hin und endlich ihre Familie kennenlernen. Sie und ihre Oma haben immer davon geträumt, sich einmal umarmen zu können. Gerade jetzt erhofft sich Batoul Stabilität und Sicherheit für ihr Land.
Über eine Videokonferenz war auch Andrea Ostheimer, Leiterin des multilateralen Dialogs der Konrad-Adenauer-Stiftung, zugeschaltet. Sie betonte die schwierigen Entscheidungen der UN, gerade im Spannungsfeld zwischen humanitärer Hilfe und geopolitischen Interessen: „Es ist wichtig, alle Akteure – so unterschiedlich sie sind – an den Verhandlungstisch zu bringen.“ Gleichzeitig wies sie auf Reformen hin, die afrikanischen Staaten mehr Einfluss im Sicherheitsrat geben könnten.
Großer Einsatz, aber keine Einigung
Die Schüler gingen mit großer Ernsthaftigkeit und Eigeninitiative ans Werk. Unterschiedliche nationale Interessen und die Suche nach Kompromissen bestimmten die Verhandlungen. „Es war faszinierend zu sehen, wie engagiert die Schülerinnen und Schüler ihre Rollen ausgefüllt haben“, lobte Leonie Zucker von der Landeszentrale. Dennoch wurde am Ende keine Resolution verabschiedet.
Das Fazit der Teilnehmer war dennoch durchweg positiv. „Ich hätte nie gedacht, dass es so kompliziert ist, die Interessen aller unter einen Hut zu bringen, vor allem, weil die Vetomächte überproportional viel Einfluss hatten und oft blockiert haben“, resümierte ein Schüler. Die Erfahrung, wie wichtig Verhandlungsstrategien, Empathie und Durchsetzungsvermögen sind, war für viele Augen öffnend. Einziger Kritikpunkt seitens der Teilnehmer: Das Planspiel hätte ruhig länger dauern können. Das UN-Planspiel zeigt, wie politische Bildung praxisnah und spannend gestaltet werden kann. Jonas Terrahe betonte, dass die Schülerinnen und Schüler durch diese Erfahrung nicht nur die Strukturen der Vereinten Nationen besser verstehen, sondern auch zentrale Kompetenzen wie Teamfähigkeit und Argumentationsgeschick weiterentwickeln konnten.
Mit Blick auf die politische Bildung war die Veranstaltung ein voller Erfolg. Und wer weiß? Vielleicht wird der ein oder andere Schüler eines Tages tatsächlich am echten Verhandlungstisch der UN sitzen.
Text und Bilder: Phillip Drost (mit freundlicher Genehmigung)
Der Text erschien zuerst bei den Fränkischen Nachrichten (https://www.fnweb.de/startseite_artikel,-bad-mergentheim-spannende-einblicke-in-die-arbeit-der-un-_arid,2272052.html)